Montag, 29. Juni 2015

Sieben


Samstag vormittag. Das Herz auf Anschlag gedreht. Die entscheidende Email endlich im Postfach. Ich habe Papierflieger ausgesandt und einer wurde aufgefangen. Richtung Berge, auch wenn das Herz im Takte der Wellen schlägt. 600km liegen vor uns ausgebreitet.

Das erste Mal allein von zuhause weg. Das Leben mit den Fingerspitzen ertastet. Allein im Zug. Stunde um Stunde der neuen Heimat entgegen. Die erste Nacht allein. Hostle. Zwei Betten. Dabei bin ich doch allein.
Fremde Wohnungen. Fremde Leute. Zuversicht im Herzen. Auf der Suche nach einem neuen Platz auf Zeit. Erstmal.

Der Tag der Abreise. Wir stehen mit winkenden Taschentüchern ab Bahnhof. Ich sitze heulend im Zug. Nur eine Tasche dabei. Neuanfang mit leichtem Gepäck.

In der neuen Stadt. Niemand dort, der mich erwartet und doch hilfsbereitete Hände, die sich mir entgegen strecken. Schokolade, die wir teilen. Erste Ausflüge. Ein Herz, das sich verliert.

Ein großer Hörsaal. Überall Laptops. Kein Papier und keine Stifte.

Das Gespräch im Raum der Studienberatung. Wechsel erst zum Wintersemester möglich. Enttäuschung und Erleichterung.

Papiergeraschel und Geflüster. Vier Jahre lang. Die eine Schreckschraube und die eine Lieblingsstimme. In London auf den Spuren der Römer, anstatt in Wien auf den Spuren der Kunst.
Die Bachelorarbeit schon lange geschrieben, bevor es noch mal spannend wird.

Der Moment der Entdeckung eines neuen Masters. Kein Semester zu früh oder zu spät. Genau richtig.

Das Lernen für die Aufnahmeprüfung. Zu zweit ein ganzes Wochenende in der Bib eingeschlossen. Das Dach entdecken. Keinen Plan B oder Doppeltenboden. Nur das eine wollen.

Die Zusage bekommen. Das Chaos vor dem Ende. Eine Wiederholungsprüfung. Vier Hausarbeiten in zwei Wochen. Ein Umzug.

Dann Glück. Zwei Jahre angereichert mit Zukunftsplänen, die wachsen. Ein Herz, das im Takt der Seminare schlägt. Weit aufgerissene Augen und lauschende Ohren. Steten Schrittes endlich in die richtige Richtung.

Das Ende. Sechzig Seiten liegen vor mir. Uns. Und dem Ende. Kein weinendes Auge nur lachende Herzen. Endlich. Endlich. Den Stift zücken und die Zukunft wenigstens für ein paar Jahre auf Papier bannen. Hoffentlich bald.

Donnerstag, 25. Juni 2015

Das Herzensbuch


Ich stehe vor meinem Bücherregal. Heute ist wieder einer dieser Tage. 
Unschlüssig stecke ich meine Nase zwischen die Seiten. Keine der Stimmen, die ich vernehme, kann mich locken. Kein Ton trifft das Gefühl, was mir die Seiten geben sollen. Ich habe seit einigen Wochen nichts mehr gelesen und die angefangenen Bücher stehen mutlos Rücken an Rücken. Aber sie sind nicht das Richtige für heute. Heute passt es mit uns einfach nicht. An solchen Tagen greife ich immer, wirklich immer, zu demselben Buch. Aus Heimweh vielleicht. Weil ich mich noch gut an die Gefühle erinnern kann, die es damals als Kind in mir ausgelöst hat. Als literarischer Sessel, in den ich mich mit einer dicken Decke kuscheln kann. Keine ungewisse, sondern eine allzu vertraute Geschichte, die mir mit ihren Seiten ein kleines Haus baut. Eins aus Decken und Kissen, in dem ich mich verkriechen kann. Meine imaginäre Tasse Kakao für die Seele. Mein Anker. Und irgendwie auch mein Zuhause. Leise raunt es mir die Geschichte zu, hüllt mich mit Buchstaben ein. Ich muss gar nicht Wort für Wort lesen, um direkt wieder an der Seite des Helden zu stehen. Es reicht schon das Gefühl des Buches in meiner Hand und ein paar flüchtige Wortfetzen, den Rest der Geschichte habe ich eh im Herzen und dahin sollte es mich zurückführen. An solchen Tagen, wenn der Kopf so schwer auf den Rumpf drückt und man Probleme hat bei den ganzen Gedankenwolken sein Herz wiederzufinden, dann singt mir mein Buch ganz stetig und leise meine Melodie und ich fühle, wie sich wieder alles an seinen Platz fügt und mein Herz ganz ruhigt im Takt der Musik schlägt.

Der Beginn einer Reise


Meine größte Schwäche ist, glaube ich, meine Unsicherheit. 
Manchmal bin ich so von Angst erfüllt vor allen möglichen Dingen, dass ich gar nicht bemerke, wie stark mein Verhalten doch dadurch beeinflusst wird. Ich weiß, nach außen wirke ich meist nicht so. Da höre ich die lustigsten Sachen.
Du bist doch so selbstbewusst.“ „Du bist kühl und unnahrbar.“ „Du bist dies.“ und „Du bist das.“
Erste Aussage kann ich schon mal unterschreiben. Allerdings nur, weil derjenige eine andere Vorstellung von dem Wort hat, als ich. Selbstbewusst. Natürlich bin ich mir selbstbewusst, meiner Schwächen und ja vielleicht habe ich auch ein paar Stärken. Und ich bin reflektiert. Das ist selbstbewusst für mich. Derjenige meint aber: du bist stark und selbstsicher und manchmal auch laut und kannst deine Meinung vertreten. Tja, Selbst- und Fremdwahrnehmung ist schon was Witziges. Warum meint derjenige das nun über mich zu sagen? Vielleicht weil ich nach außen hin eigentlich ziemlich cool wirke. So beschäftigt immer. Wichtig, wichtig und als ob mich die ganze Scheißwelt nichts anginge. 
Ja das stimmt, aber sein wir mal ehrlich, wer reibt anderen beim ersten Kennenlernen denn schon seine größten Schwächen unter die Nase? Das wären sicher lustige Gespräche. 
„Hey, ich bin Fräulein Unfug. Ich habe gerade so Angst was falsches zu sagen, dass ich eigentlich gar nichts sagen und du dich nach unserem Treffen an nichts erinnern wirst.“ 
Oder 
„Hi, Frauelein Unfug. Schön die kennenzulernen. Findest du mich auch nett? Ich bin so unsicher! Sitzen meine Haare? Ist mein Makeup verschmiert? Ohne Schminke finde ich mich grässlich. Also mit auch nicht besonders schön, aber es ist mehr wie eine Rüstung und schützt mich wenigstens ein bisschen.“ 
Das wären alles bestimmt sehr kurze Gespräche, es sei denn der- oder diejenige wäre mein Therapeut. Da geht das vielleicht noch. 
Aber eigentlich wollen wir sowas doch von anderen gar nicht wissen, oder? Den ganzen Ballast und den Gedankenmüll. Lieber eine schimmernde Rüstung als den Krüppel darunter. Aber das hier ist mein Blog und ich kann schreiben, was ich will. Also:
Hallo, ich bin das Fräulein Unfug. Ich bin schrecklich unsicher und mag mich nicht besonders, weshalb es mir so schwerfällt zu mir selbst zu stehen.

Aber das hier soll auch kein Jammerblog werden auch wenn die Ängste und Unsicherheiten echt sind. Ich habe keine Lust mehr darauf. Jemand hat mir mal gesagt, dass sich das mit dem Selbstvertrauen schon geben wird. In ein paar Jahren. Aber ich habe keine Lust darauf zu warten, dass ich eines morgens aufwache und feststelle, dass ich mich all die Jahre beim Blick in den Spiegel geirrt habe und nicht das Biest, sondern die Schöne zurückblickt. (Man darf wohl noch träumen!) Ich habe auch keine Lust mehr damit zu warten Leute kennenzulernen und zu hoffen, dass sie meine Art als Unsicherheit interpretieren und damit umgehen können, anstatt mich für mich für kühl und desinteressiert an ihnen halten.
Ich habe keine Lust mehr so eingeschränkt leben zu müssen. Immer in der Komfortzone. Hier drin wird es allmählich eng und stickig. Fast wie in einem Sarg. Und ehrlich gesagt kriege ich langsam Platzangst. Und Angst davor Dinge zu verpassen. Und ein bisschen Spaß, ja ich habe Spaß, aber diesen, „Lass uns doch jetzt mal über diesen Zaun klettern“-Spaß hätte ich gern.

Kommen wir jetzt zu den Lösungsvorschlägen.
Diesen Blogpost zu veröffentlichen und danach weiterzumachen ist ein guter Anfang, glaube ich. Aufhören mich selbst zu zensieren und einfach hier schreiben was mich beschäftigt und jemand könnte es lesen ist ein erster Schritt.

Also: Mein Name ist Fräulein Unfug und ich mache mich jetzt auf die Reise.

Die ersten Worte


Eigentlich bin ich gerade leicht genervt von mir und nicht sicher, ob ich in so einem Zustand einen Blogpost schreiben sollte. Seit einem Monat sitze ich nun schon vor meinem Laptop und haue in die Tasten. Erst hauen, dann löschen. Alles, was ich bisher geschrieben habe wurde gnadenlos mit der Pfeiltaste wieder ausgelöscht. Und mittlerweile bin ich tatsächlich genervt davon. Von meinen Ansprüchen. Meinen Unsicherheiten. Was ich im echten Leben nicht schaffe, schaffe ich nicht mal halbwegs anonym im Internet: mich fassbar machen. Auftauchen aus dem Schleier von Mystizität, den ich aufgehängt habe, damit man mir nicht in die Karten gucken kann. Aber auf Dauer macht so was vor allem eins: einsam. Wenn man niemandem eingesteht mehr als nur den Buchrücken zu betrachten. Ich habe keine Lust mehr auf den Eisschollen zu balancieren, die im Laufe der Zeit immer kleiner geworden sind und ich jeden Schritt abwägen muss. Ich will laufen ohne in die Tiefe zu starren. In irgendeine Richtung, die mir nicht schon 100 mal zerdacht habe. Ich will überraschen. Und überrascht werden. Ich will dieses Gefühl loswerden, dass mich jedes Wort zerstören könnte.

Sonntag, 24. Mai 2015

Von Unfug

Fräulein Unfug stellt sich vor.

(Immer noch, aber bald nicht mehr!) Studentin. Seewind im Haar und Salz auf den Lippen. Warme Decken und dicke Bücher. Beauftragte Schneeflockenbeobachterin mit einer Tasse heißem (naturtrüben) Apfelsaft. Doppelagentin, immer zwischen zwei Träumen unterwegs. Springendes Herz aus Kohle.